Es gibt Erstmittelforschung, die lange
Zeit als vornehmste Form des Publizierens galt, es gibt Drittmittelforschung,
die nicht zuletzt wegen der guten Quantifizierbarkeit der dabei verbrauchten
Geldbeträge populär ist, und es gibt „kommerzielle“ Publikationen. Darunter
muss man, streng genommen, alle Veröffentlichungen rechnen, für die den Autoren
Honorar – und den Verlagen kein Druckkostenzuschuss – gezahlt wird. Publiziert
werden auf diese Weise wohl ausschließlich Bücher, geschrieben in der Regel von
Alleinautoren und ‑autorinnen. Manche Klassischen Archäologen schreiben nie ein
solches kommerzielles Buch (oder sogar gar kein Buch mehr nach der
Dissertation), etliche aber engagieren sich in diesem Bereich. Eigene
Erfahrungen habe ich zwischen 2005 und 2015 mit vier Büchern gemacht, darunter
einem englischsprachigen. Die Bemerkungen hier beziehen sich aber in erster
Linie auf einen aktuellen Titel, das zusammen mit Sina Tauchert geschriebene
Buch Helenas Töchter. Frauen und Mode im
frühen Griechenland, erschienen dieses Jahr im Verlag Philipp von Zabern.
Worin besteht der Reiz,
worin die Problematik eines solchen Buchprojekts? Kommerzielle Bücher, für die
also ein privates Unternehmen das kaufmännische Risiko übernimmt, sind nur als
„Sachbücher“ möglich, das heißt als Bücher, die ein Publikum außerhalb der – in
der Klassischen Archäologie ziemlich engen – Fachkreise finden können. Dieser
Punkt ist entscheidend für die Beantwortung der eben gestellten Frage. Das
Sachbuch gilt vielen als zumindest ambivalentes Gegenstück zum Fachbuch, zur
wissenschaftlichen Studie, die allein beanspruchen könne, einen gewichtigen
Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung zu leisten. Tatsächlich aber kann auch
ein kommerzielles Buch den Anspruch eines Fachbuches erfüllen und hat es einen
besonderen intellektuellen Reiz, Thema und Zuschnitt des Buches so festzulegen,
dass es beide Anforderungen erfüllt: in der Darstellung Rücksicht zu nehmen auf
die Leserschaft außerhalb der Fachwelt und zugleich einen substantiellen
Gegenstand zu behandeln, der in der Fachwissenschaft noch nicht oder zumindest
schon lange nicht mehr behandelt worden ist. Wenn die Zielgruppe eines
Sachbuchs zu einem freieren, hier und da vielleicht sogar essayistischen
Schreiben animiert, ist das für den fachlichen Charakter des Buches keineswegs
per se eine Einschränkung, vielfach wohl sogar ein Vorzug, weil auf diese Weise
Überlegungen relativ ungebunden formuliert werden können, die neue Anregungen
für die Fachdiskussion liefern.
Wer Sachbücher schreibt,
arbeitet an der Schnittstelle zwischen fachlicher Diskussion und
Öffentlichkeit, ein Punkt, dessen Bedeutung kaum überbewertet werden kann. Jede
Disziplin profitiert davon, wenn diese Vermittlungsaufgabe lebhaft wahrgenommen
wird. Gleich wie man individuell dazu steht: Geisteswissenschaften haben eine
Legitimationspflicht gegenüber der Gesellschaft, und wer durch Ausstellungen,
populärwissenschaftliche Vorträge oder Beiträge in den Medien oder eben mit
Sachbüchern hier etwas beiträgt, arbeitet an der Erfüllung dieser Pflicht mit.
Bei der Produktion des
Buches stellt sich dem „kommerziellen Autor“ unter Umständen eine Herausforderung,
die in einem Fach wie der Klassischen Archäologie das ganze Projekt unmöglich
machen kann, die Fotokosten. Sofern der Anspruch auf hohe Qualität besteht,
also nicht mit Repros gearbeitet wird, lernt man die ganze Spanne an
Forderungen der Rechteinhaber kennen. Bei deutschen Museen und den vom BPK
(Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz) vertretenen ausländischen Museen wie dem
Louvre und dem British Museum muss man aktuell mit Preisen von 50 bis 60 Euro
rechnen. Manche Häuser leisten sich aber auch geradezu prohibitive Preise, bei
mitunter schlechterem Service; das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe hat
sich hier eine Erwähnung verdient. Warner Bros. wollte für ein film still mindestens 300 Dollar haben
und sich vor der Zusage zudem den Text vorlegen lassen – wir haben verzichtet. Gratis
dagegen kann man gute digitale Aufnahmen von großen griechischen (!) Museen wie
dem Akropolismuseum erhalten, beinahe kostenfrei von den Abteilungen des
Deutschen Archäologischen Instituts. Auch Auktionshäuser sind sehr liberal,
hier sicher aufgrund des kleinen Werbeeffekts, den das Buch liefert. Hätten wir
im Schnitt tatsächlich 50 Euro bezahlen müssen, wäre das Buch bei ca. 100
Abbildungen definitiv zum Verlustgeschäft geworden oder, positiv gesprochen,
zur persönlichen Liebhaberei.
Ein Lektorat, das diese
Bezeichung verdient, gibt es bei einem solchen Titel nicht. Man sollte das
nicht vorschnell kritisieren und etwa auf die Tatsache schieben, dass der in
der Klassischen Archäologie so traditionsreiche Name Philipp von Zabern schon
vor einigen Jahren als Verlag aufgehört hat zu existieren und inzwischen nur
noch ein Imprint der Publikationsmaschinerie Wissenschaftliche Buchgesellschaft
ist. Eine inhaltliche Auseinandersetzung hat auch im fachwissenschaftlichen
Bereich bei fast keiner meiner Publikationen stattgefunden, d.h. das Manuskript,
ob Aufsatz oder Buch, wurde mit nur wenigen Ausnahmen exakt so gedruckt, wie es
vorgelegt wurde. Der Qualitätsvorbehalt, den es gegenüber Open
Access-Publikationen und erst recht gegenüber freiem Publizieren im Internet
gibt, verliert dadurch einiges von seiner Berechtigung.
Zum Schluss zum eigentlich
kommerziellen Aspekt der Unternehmung: Gewinn ist möglich, bei einer einigermaßen
realistisch eingeschätzten Zahl von gut 1.000 verkauften Exemplaren ergibt
sich, zusammen mit der Überweisung der VG Wort, vor Steuern ein Erlös von 2.500
Euro oder etwas mehr, je nach Höhe des Ladenpreises, wovon gegebenenfalls die
eigenen Fotokosten abzuziehen sind. Der Mindestlohn wird damit nicht erreicht,
aber eine kleine Befriedigung durch das pekuniäre Zubrot.
Aber nochmals zum
Stichwort „Liebhaberei“. Die starke Internetorientierung gerade der noch jungen
Leser, die irgendwann dann auch Buchkäufer werden könnten, dazu die immer
umfassendere Bereitstellung digitaler Medien durch die Bibliotheken machen ein rentables
Bücherdrucken immer schwieriger. Kleine Fächer wie die Klassische Archäologie
mit ihren aufgrund der Abbildungen zudem relativ aufwendigen Titeln werden das
vermutlich in besonderer Weise zu spüren kommen. Vielleicht kehren wir, gerade
wegen der unbegrenzten Möglichkeiten der digitalen Verbreitung von Inhalten
bald wieder ins 18. Jahrhundert zurück. Anstatt ein schickes Auto leisten
wir uns als Autoren dann die Herausgabe eines schönen Buchs, das ohne das
eigene finanzielle Engagement nicht entstanden wäre und das mit allem, was zu
einem beglückenden Buch gehört, nur als physisches Erzeugnis zu haben ist.